Betriebsräte und Führungskräfte - eine schwierige Beziehung

Der Fisch stinkt vom Kopf her.
Norddeutsche Redensart

Die Hauptbeschäftigung vieler Betriebsratsmitglieder besteht im troubleshooting von Konflikten zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden (das Wort Vorgesetzte anstelle von Führungskräfte ist hier absichtlich gewählt - ein Schelm, wer schlecht darüber denkt). So wundert es nicht, wenn besagte Vorgesetzte als Gegner betrachtet werden, wobei die Heftigkeit dieser Gegnerschaft zweifelsohne vom Führungsstil des betroffenen Vorgesetzten abhängt - und schon sind wir beim Thema.

Es soll in diesem Beitrag nicht um die Berechtigung des Verhaltens der Konfliktpersonen oder um die Inhalte der Konflikte gehen, sondern lediglich um das Beziehungsmuster.

Besagte Konflikte werden in der Regel auf der Ebene des individuellen Verhaltens der betroffenen Personen gesehen. Und dort liegt auch schon das Geheimnis des bescheidenen Erfolgs ihrer Bemühungen, wenn man Betriebsratsmiglieder nach ihren Erfahrungen befragt. Kein Wunder, denn den Charakter von erwachsenen Menschen ändert man so gut wie nicht, beim Verhalten ist es schon schwierig genug.

Und täglich grüßt das Murmeltier
aus einem Filmtitel abgeleitete Volksweisheit

Was sich aber beeinflussen lässt und von der zigtausendfach wiederholten Ebene der Einzelfallbehandlung wegführt, ist das Drehen an den Rahmenbedingungen, unter denen das Spiel abläuft.

Wenn das Unternehmen über ein Leitbild für Führung verfügt, aus dem sich Spielregeln ableiten lassen, sieht die Angelegenheit gleich anders aus. Bewegt sich eine Führungskraft nicht mehr innerhalb der durch die Spielregeln definierten Leitplanken, so kann daraus eine behandelbare Konfliktsituation werden. Die Grenzen sind nicht einseitig gezogen, die Führungskraft als vorgesetzte Person kann durchaus zu harten disziplinarischen Maßnahmen greifen, wenn sie dafür berechtigte Gründe sieht, aber sie muss sich in ihrem Verhalten an das Leitbild halten. Rechtlich betrachtet wird das Problem damit von der individuellen Einzelfall-Ebene auf eine kollektivrechtliche Ebene gehoben. Einzelkonflikte werden dadurch nicht ausbleiben. Aber es gäbe andere Regularien, wie damit umzugehen ist. Die Rolle der Betriebsräte verschöbe sich in Richtung Hüter der Spielregeln.

Voraussetzung dafür ist lediglich eine vertragliche Regelung, z.B. eine Betriebsvereinbarung, in der

festgelegt sind.

Die Zeiten sind günstig. Die katapultartige Beförderung des hybriden Arbeitens durch die Corona-Pandemie stellt sowieso heftig neue Anforderungen an die Führung im Unternehmen. Nach der Aufbebung der Home-Office-Vorschrift für Unternehmen gibt es gute Chancen, darüber jetzt neu nachzudenken und Spielregeln im Sinne eines Verhaltens-Kanons festzulegen. Wenn nicht jetzt, wann dann?

 Wer Führungskraft ist und jetzt nichts gestalten will, soll sich in die Wüste setzen und meditieren. Ein Betriebsrat, der nichts gestalten will, kann sich gleich dazu setzen.

 

 

Karl Schmitz Februar 2022